Nur einmal war ich diese Nacht wach. Aber direkt wieder eingeschlafen. Sonnenschein und eine Tasse Kaffee, so könnte wirklich jeder Tag beginnen.

Ich will heute nach Solvaer und mit der Fähre nach Skutvik fahren. Laut meinen Recherchen stündliche Abfahrt, letzte um kurz vor 13 Uhr. Es sind noch 90 km, das schaffe ich sogar mit genug Fotopausen locker. Also fahre ich gemütlich los und genieße diese tolle Landschaft. Wo es geht halte ich kurz an und mache Bilder. 

Als ich dann in Solvaer ankomme die Ernüchterung. Keine Warteschlange am Fähranleger. Ich halte und erkunde mal das Gelände. Laut dem Fahrplan am kleinen Büro kommt die nächste Fähre erst 16 Uhr. Jetzt haben wir aber erst 11 Uhr. Kurz nachdenken… Um die Ecke ist ein Supermarkt, da kaufe ich noch schnell Kartoffeln. Von hier aus könnte ich auch nach Narvik, evtl. Dann noch hoch zum Polarpark. Aber das wären 5 Stunden Fahrt und dann noch weiter wieder Richtung Heimat. Ok schon solche Zweifel sprechen gegen diese Alternative.  Was bleibt dann übrig? Wieder zurück nach Moskenes und die 14:45 Uhr Fähre nach Bodo. Ok so mach ich es!

Es geht den gleichen Weg zurück, dennoch gibt es so viel Neues zu entdecken. Ich halte aber nicht mehr an. Schließlich will ich noch die Fähre erwischen.

In Moskenes dann ab in die Warteschlange. Schon wenige Minuten später kommt die Fähre an. Puuhhh was für ein Glück. Aber als die ersten Fahrzeuge fahren, natürlich nach denen die vorher reserviert haben, werde ich in die erste Spur verwiesen. Ich muss auf die nächste Fähre um 18 Uhr warten. Nunja so ist es, aber ich ärgere mich nicht. Die Sonne Scheint, ich habe mein „Zuhause“ dabei und mache es mir bequem. 

Ich surfe ein bisschen und komme wieder auf den Anbieter der Seeadler Safari aus Bodo, den ich damals ursprünglich buchen wollte, aber kein Platz mehr war. Ja und ratet mal – ich ergattere noch einen Platz für morgen. Denn wann komme ich nochmal hier her? Die Wetteraussichten sind perfekt und 76 Euro ist es mir allemal Wert. So warte ich also hier im Auto bei offener Türe und plötzlich spricht mich ein älterer Mann an. Woher ich gerade komme, wohin meine Reise noch geht usw. Plötzlich verändert sich sein Gesicht. Er sagt, er muss sofort nach Hause. Ich warte auf die Erklärung, eine Frage will ich ihm gerade nicht stellen. So ein Gefühl dass ich habe. Und dann bricht es auch ihm heraus. Seine Frau ist verstorben. Gestern hat er noch mit ihr telefoniert. 58 Jahre, auf dem Sofa liegen und tot. Zwar hatte sie Zucker, war aber gut eingestellt. Er ist sichtlich mitgenommen und stammelt „wäre ich bloß nicht gefahren“ aber ich sage zu ihm, dass wäre sicher nicht im Sinn seiner Frau wenn er sich jetzt Vorwürfe macht, auch wenn ich beide nicht kenne. Ein kleines lächeln. Ich frage ob er alleine ist, nein sein Kollege ist mit dabei. 4.000 km bis nach Linz liegen vor ihnen. Ich wünsche ihm Kraft und er geht weiter. Mitten im heißen Auto habe ich Gänsehaut, jetzt kommen auch mir die Tränen.

Wie nah Glück, Freude und das Leid doch oft sind. Mein Blick schweift über all die Wartenden. Den Gedanken meinen Mann zu verlieren wische ich sofort weg.

Ich sitze also weiter hier und bin umso dankbarer für zwei Menschen und deren Geschichten. Kati hat mir mehr Mut gemacht. Sie inspiriert mich. Der ältere Herr hat mich mit seinem schweren Schicksal daran erinnert, den Moment zu erleben und zu genießen. Dankbar zu sein für jeden Augenblick mit seinen Lieben. Und dankbar für die Gesundheit.

Mit diesen Erkenntnissen darf ich dann um 18 Uhr auf die Fähre. Ziehe mich mit Hörbuch und Kopfhörer in meine eigene Welt zurück und suche nach Ablenkung. Als wir den Hafen erreichen packe ich meine kleine Tasche und gehe aufs Deck. Mache ein paar Bilder und kann es kaum glauben, ich fahre Fähre und mir ist nicht schlecht. 

Um 22 Uhr sind wir dann in Bodo. Ich steuere den Parkplatz nur wenige Meter weiter an und atme durch. Hier kann ich stundenweise zahlen und buche erstmal bis morgen 10 Uhr. Denn um 10:15 Uhr geht es ja schon los zur zweiten Seeadler Safari!

Ich mache mich also bettfertig und hänge noch lange meinen Gedanken nach bis ich dann irgendwann einschlafe.

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